Over- und Underrent
Liegen die tatsächlich einkommenden Kaltmieten nachhaltig unter oder über den marktüblichen Kaltmietansätzen, so sind diese Beträge zu kapitalisieren und als besondere objektspezifische Merkmale anzubringen.
Allgemeiner Ablauf
Die ersten Schritte sind bei „overrent“ und „underrent“ gleich anzuwenden.
Eine fiktive Immobilie bewerten, bei der zwar die Rahmendaten des Objekts eingeflossen sind (Mietfläche, Alter, Grundstückswert), aber bei der die allgemeine Marktmiete angesetzt wird. Die tatsächlich im Objekt erzielte Miete wird erst einmal nicht betrachtet, sondern es wird die normale Marktmiete eingesetzt.
Diese Standard-Immobilie wird mit den Marktfaktoren des Gutachterausschusses auf die Marktsituation angepasst. Man nimmt den marktübliche Liegenschaftszinssatz, die ebensolche Restnutzungsdauer und die weiteren unangepassten Rechen-Faktoren. So handelt man sich marktkonform.
Underrent
Die im Objekt erzielte Miete liegt unter der Marktmiete
Es ist nun die Aufgabe, die nachhaltig weniger einkommende Kaltmiete zu kapitalisieren und diesen Betrag als Abschlag anzubringen. Dies geschieht am besten über den GEOWert-Rechner.
- Wann darf die Miete erhöht werden?
Also entweder sofort oder erst mit Wartezeit, da schon vor kurzem angepasst wurde. - Wie hoch darf die Miete erhöht werden?
- Bei einem Wohnungsmietrag gilt:
um 20% in drei Jahren (kein angespannter Wohnungsmarkt) oder nur 15% (Mietpreisbremse besteht, angespannter Wohnungsmarkt). - Bei einem Gewerbemietvertrag gilt:
nur wenn im Vertrag eine Erhöhungsmöglichkeit vereinbart ist, kann auch erhöht werden. Gibt es keine Vereinbarung hierzu, bleibt die Miete bis zum Vertragsende unverändert unter Marktniveau und der Abschlag dementsprechend hoch. In Jahresintervallen rechne ich die theoretische Mieterhöhung aus, bis ich auf die Marktmiete gelange. Dies kann bei einem Wohnungsmietvertrag leicht 10 und mehr Jahre dauern, je nachdem wie lange die Miete nicht mehr erhöht wurde und die Marktmiete davongelaufen ist.
- Bei einem Wohnungsmietrag gilt:
Overrent
Die im Objekt erzielte Miete liegt über der Marktmiete
In diesem Falle ist der Betrag zu kapitalisieren, der nachhaltig als „Mehreinnahme“ über eine gewisse Zeitdauer einkommt. Dies geschieht am besten ebenfalls über den GEOWert-Rechner
Overrent bei Wohnungsmietvertrag
Wird nicht angesetzt, da der Mieter jederzeit kündigen und ausziehen kann. Nur wenn eine feste Mietdauer vereinbart ist, nehme ich die Restlaufzeit. Aber Vorsicht: prüfen, dass die derzeitige Miete die gesetzlichen Bestimmungen einhält. Das heißt bei der Mietpreisbremse: bei Neuvermietung gegebenenfalls nur 10% über ortsübliche Vergleichsmiete, ansonsten bei einem nicht angespannten Wohnungsmarkt maximal 20% über ortsüblicher Vergleichsmiete.
Overrent bei einem Gewerbemietvertrag
Gewerbemietverträge werden üblicherweise für eine feste Zeit geschlossen. Mieter und Vermieter können bei der festen Vertragslaufzeit das Mietverhältnis nicht früher beenden, somit kann man mit der Restlaufzeit kalkulieren. Auch hier wird die Abweichung pro Jahr berechnet.
Die Abzinsung erfolgt mit einem Zuschlag auf den Abzinsungsfaktor. Dadurch wird der Faktor rechnerisch kleiner und die abgezinste Mietüberzahlung auch. Dies berücksichtigt das Risiko, dass der Mieter vorzeitig aus dem Vertrag aussteigt oder dass doch nur die Marktmiete zum Tragen kommt. In der Literatur wird manchmal ein Zuschlag von 1% erwähnt. Tatsächlich ist dieser Zuschlag viel zu gering, um das Risiko abzuzeichnen.
Die Anbringung von nachhaltigen Mietabweichungen ist ein höchst brisante Sache und sollte nur nach reiflicher Überlegung und mit höchster Vorsicht angebracht werden.
Sie kann auf keinen Fall automatisiert über ein Programm ermittelt werden.